
Der Anteil von Elektrofahrzeugen im Straßenverkehr steigt - und damit nimmt auch die Anzahl der Ladestationen zu. Wie das Aufladen von Elektrofahrzeugen
(E-Charging) umsatzsteuerrechtlich einzuordnen ist, wurde nun in einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geklärt.
Im zu beurteilenden Fall erbrachte ein Unternehmen neben der Lieferung von Elektrizität zum Laden von E-Fahrzeugen noch weitere folgende sonstige Leistungen:
Bereitstellen von Ladevorrichtungen (inklusive der Verbindung des Betriebssystems des Fahrzeugs mit dem Ladegerät)
Übertragung von Elektrizität mit entsprechend angepassten Parametern an die Batterie des Elektrofahrzeugs
Die notwendige technische Unterstützung
Zurverfügungstellung von IT-Anwendungen (Plattform, App) über welche die User einen bestimmten Anschluss reservieren und den Verlauf von Umsätzen und Zahlungen einsehen können.
Dienstleistung oder Lieferung?
Für diese beschriebenen Leistungen verrechnete das Unternehmen abhängig von der Ladezeit einen einheitlichen Preis. Es stellte sich jedoch die Frage, ob es sich angesichts der komplexen Leistung, welche das Unternehmen erbringt, umsatzsteuerrechtlich um eine Dienstleistung oder eine Lieferung handelt. Diese Unterscheidung ist von Bedeutung, da sie unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zieht.
Dem EU-Recht zufolge ist Elektrizität umsatzsteuerlich gesehen einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt. Wenn Elektrizität zur Batterie eines Elektrofahrzeugs geleitet wird, dann ist dies laut EuGH eine Lieferung. Die übertragene Elektrizität wird vom Verwender des Ladegeräts für den Antrieb seines Elektrofahrzeugs verbraucht.
Bei den weiteren Dienstleistungen kam der EuGH zu folgender Ansicht:
Die technische Unterstützung ermöglicht es, die zum Aufladen benötigte Elektrizität unter optimalen Bedingungen zu übertragen. Sie stellt daher eine Nebenleistung zur Lieferung dar.
Ebenso ist das Bereitstellen von IT-Anwendungen, welche es beispielsweise dem User ermöglichen, im Voraus einen Anschluss zu reservieren, als Nebenleistung zur Lieferung einzustufen und somit umsatzsteuerlich genau so zu behandeln wie die Lieferung selbst.
Fazit: Das EuGH-Urteil stellt klar, dass die Lieferung von Elektrizität im Rahmen eines Ladevorganges für Elektromobilität eine Lieferung ist, die aus mehreren verschiedenen Leistungen an den betreffenden Ladepunkten bestehen kann. Es liegt also eine einheitliche Lieferung von Elektrizität (mit Lieferung von Elektrizität als Hauptleistung) vor, auch wenn dabei untergeordnete andere Dienstleistungen erbracht werden. Die Berechnung des Preises auf Basis der Aufladedauer führt nicht zu einer Qualifikation als sonstige Leistung.
Künftig werden allerdings noch weitere umsatzsteuerrechtliche Fragen zu klären sein, z.B. im Hinblick auf Steuersatz, Abfuhr der Steuer oder Leistungsort, insbesondere, wenn mehrere Unternehmen (wie beispielsweise Stromerzeuger, Netzbetreiber, Betreiber von Ladestationen, Anbieter von Softwarelösungen und Diensten (Apps) und andere) an der Leistung beteiligt sind.
Sie haben noch Fragen zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von E-Charging? Unsere Expert:innen Irene Grass und Martin Schmidt stehen Ihnen gerne zur Verfügung.
Foto: Unsplash | Ralf Hutter
Comments