Das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) wurde im Nationalrat beschlossen und am 19.07.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es beinhaltet einige Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über die wesentlichen Neuerungen.
Erweiterter Anwendungsbereich für Dreiecksgeschäfte
Im künftigen Anwendungsbereich der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte (Art 25 UStG) gibt es eine der weitreichendsten umsatzsteuerlichen Änderungen:
Nach der bisherigen österreichischen Auffassung war die Sonderregelung für Dreiecksgeschäfte grundsätzlich nur innerhalb von Reihengeschäften mit drei Personen anwendbar, wenn UID-Nummern aus drei unterschiedlichen Mitgliedstaaten verwendet wurden. Die österreichischen Vorschriften wurden nun entsprechend den Verhandlungsergebnissen des Mehrwertsteuerausschusses bzw. den Empfehlungen der Europäischen Kommission angepasst, um Qualifikationskonflikten mit anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden.
Auch innerhalb eines Reihengeschäfts mit mehr als drei Parteien wird die Dreiecksgeschäftsvereinfachung ab 01.01.2023 unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar sein. Es kann wie bisher immer nur einer der am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer potenziell in den Genuss der Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte kommen, und zwar jener Steuerpflichtige innerhalb der Reihe, der den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt, also der Empfänger der bewegten Lieferung ist.
Umsatzsteuerverzinsung in der BAO
Mittels des AbgÄG 2022 wurden in der Bundesabgabenordnung (BAO) Umsatzsteuerzinsen eingeführt. Diese werden sowohl bei Gutschriften als auch bei Nachforderungen fällig und liegen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Beträge bis EUR 50 werden nicht festgesetzt.
Eine Gutschrift ist grundsätzlich ab dem 91. Tag nach Einlangen der Umsatzsteuer-Voranmeldung/Jahreserklärung bis zur Verbuchung des Überschusses auf dem Abgabenkonto bzw. der Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides zu verzinsen.
Eine Nachzahlung, die sich aus einer verspätet eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung ergibt, ist ab dem 91. Tag nach Fälligkeit bis zum Einlangen der Voranmeldung bzw. Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides zu verzinsen.
Eine Nachforderung aufgrund einer Abgabenfestsetzung infolge der Umsatzsteuerjahreserklärung wird ab dem 1. Oktober des Folgejahres bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw. Erkenntnisses verzinst.
Eine Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen für Überschüsse bzw. Gutschriften kann für Zeiträume versagt werden, in welchen der Abgabepflichtige seiner Mitwirkungsverpflichtung zur Erteilung von Auskünften oder Vorlage von Unterlagen im Rahmen der Prüfung einer Voranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung nicht innerhalb der durch die Abgabenbehörde gesetzten Frist nachkommt.
Die Umsatzsteuerverzinsung tritt grundsätzlich am der Kundmachung folgenden Tag in Kraft, wobei die Neuregelung für Gutschriften aufgrund einer UVA oder eines Festsetzungsbescheides auf alle offene Verfahren anzuwenden ist; im Falle von Gutschriften aufgrund eines Umsatzsteuerjahresbescheides auf alle noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheide. Bei Nachforderungen sind die Neuregelungen erstmals auf jene Fälle anzuwenden, in welchen der Fälligkeitstag (§ 21 Abs. 1 UStG) nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt; im Falle von Nachforderungen aufgrund eines Umsatzsteuerjahresbescheides erstmalig für Bescheide, die das Jahr 2022 betreffen.
Vermietung inländischer Grundstücke durch ausländische Unternehmer
Die Bestimmungen zum Reverse-Charge-Verfahren wurden als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH 3.6.2021, C-931/19, Titanium) zur Vermietung durch ausländische Unternehmer angepasst. Bei der Vermietung von Grundstücken durch Unternehmer, die im Inland weder ihr Unternehmen betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte haben (sogenannte ausländische Unternehmer), wird es künftig nicht zum Übergang der Steuerschuld kommen. Der leistende (vermietende) Unternehmer hat als Steuerschuldner seine Umsätze – wie vor dem EuGH Urteil Titanium – im Veranlagungsverfahren zu erklären. Somit kann der ausländische Unternehmer seine Vorsteuern künftig im Veranlagungsverfahren und nicht über ein Vorsteuererstattungsverfahren geltend machen.
Diese Änderung ist mit Ablauf des Tages der Kundmachung des AbgÄG 2022 in Kraft getreten, d.h. seit 20.07.2022.
Beschränkung der Haftung gem. § 27 (4) UStG
Die Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung der Umsatzsteuer durch den Empfänger gemäß § 27(4) UStG wurde entsprechend den Ausnahmen vom Übergang der Steuerschuld in § 19 (1) UStG bei sonstigen Leistungen angeglichen, da bis dato nur die Ausnahme für die Eintrittsberechtigungen auch in § 27 (4) UStG vorgesehen war.
Künftig werden auch österreichische Abnehmer, die Leistungen von Unternehmern beziehen, die im Inland weder Wohnsitz/Sitz, noch gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte haben, nicht mehr für die Abführung der Umsatzsteuer durch den erbringenden Unternehmer haften, wenn die Leistungen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die Vermietung von Grundstücken betreffen.
Diese Änderung ist mit Ablauf des Tages der Kundmachung des AbgÄG 2022 wirksam, also seit dem 20.07.2022.
Steuerbefreiung für grenzüberschreitende Personenbeförderung per Bahn
Zurzeit unterliegt die grenzüberschreitende Personenbeförderung per Bahn für den österreichischen Streckenabschnitt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 10%. Ab dem 01.01.2023 ist diese steuerbefreit und wird somit der internationalen Luft- und Schifffahrt (ausgenommen auf dem Bodensee) gleichgestellt.
0%-Steuersatz für Schutzmasken erneut verlängert
Im AbgÄG 2022 ist eine weitere Verlängerung des – ursprünglich am 30.06.2022 ausgelaufenen – 0% Steuersatzes für Lieferungen und innergemeinschaftlichen Erwerbe von Schutzmasken vorgesehen. Der Steuersatz von 0% ist nunmehr für Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Schutzmasken anwendbar, die nach dem 22.01.2021 und vor dem 01.07.2023 ausgeführt werden.
Sie haben noch Fragen? Unsere Expert:innen Irene Grass und Martin Schmidt unterstützen Sie gerne!
Foto: Unsplash | Conny Schneider
Comments